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Chronik des Konfliktes |
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Der Anspruch zweier Völker auf das Land Palästina
Der historische Ursprung des israelisch-arabischen Konfliktes ist der
Anspruch zweier Völker auf dasselbe Gebiet, Palästina.
Nachfolgend die wichtigsten Daten dieses Konfliktes nach dem 1.
Weltkrieg:
Oktober 1915:
Der britische Hochkommissar in Ägypten, MacMahon, sichert dem Scherifen
von Mekka schriftlich die Errichtung eines unabhängigen großarabischen
Reiches zu.
16. Mai 1916:
Im Syces-Picot-Abkommen legen Frankreich und Großbritannien ihre Einflußgebiete
im Nahen Osten fest.
2. November 1917:
Die britische Regierung gibt durch Außenminister Balfour eine
Sympathieerklärung zugunsten der Zionisten ab, die aber auch die Rechte
nichtjüdischer Gemeinschaften gewahrt sehen möchte. Zum Zeitpunkt
dieser nach Balfour benannten Deklaration stellen Juden in Palästina
etwa acht Prozent der Bevölkerung.
24. Juli 1922:
Der Völkerbund überträgt Großbritannien das Mandat für Palästina
mit der Auflage, die Balfour-Deklaration zu erfüllen.
1933 bis 1939:
Als Reaktion auf die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland
kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl jüdischer Einwanderer
in Palästina. Am 17. Mai 1939 beschränkt die britische Regierung in
einem Weißbuch über Palästina Einwanderung und Landkäufe der Juden.
Der Kampf der zionistischen Militärverbände gegen die britische Militärverwaltung
beginnt.
1947:
Im Februar 1947 will die britische Regierung die Mandatsverwaltung über
Palästina niederlegen. Sie legt der Vollversammlung der Vereinten
Nationen (UN) die Palästina-Frage zur Prüfung vor. Im Mai 1947 setzen
die UN einen Sonderausschuß ein, der Palästina bereist und zwei
verschiedene Pläne ausarbeitet. Diese Kommission empfiehlt in Anlehnung
an den schon 1946 von der Jüdischen Agentur in Palästina
unterbreiteten Plan die Teilung Palästinas in einen jüdischen und
einen arabischen Staat. Die UN-Vollversammlung nimmt am 29. November
1947 diesen Teilungsplan an. Jerusalem soll internationaler Kontrolle
unterstellt werden. Zwischen Arabern und Juden brechen noch am gleichen
Tag Kämpfe aus.
Die Staatsgründung Israels
14. Mai 1948:
Einen Tag vor dem Ablauf des britischen Mandats ruft Ben Gurion den
Staat Israel aus. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der jüdische Anteil an
der Gesamtbevölkerung 33 Prozent.
15. Mai 1948:
Die Armeen Ägyptens, Jordaniens, des Iraks, Syriens und des Libanon
greifen Israel an. Nach anfänglichen Rückschlägen dringt die
israelische Armee über das im UN-Teilungsplan vorgesehene Gebiet
hinaus: Israel gewinnt im Norden das restliche Galiläa, im Osten die
Neustadt von Jerusalem und im Süden an die Negev-Wüste grenzende
Gebiete hinzu. Die Altstadt von Jerusalem fällt in die Hände der
Araber. Bis zur Unterzeichnung der Waffenstillstandsverträge im Februar
1949, die von arabischer Seite jedoch ausdrücklich nicht die
Anerkennung des Staates und der Grenzen Israels beinhalten, sind mehr
als 800 000 Araber als Folge des Palästina-Krieges geflohen oder
vertrieben worden. Die UN-Generalversammlung verabschiedet 1948 die
Resolution 194, in der als Grundlage für eine Konfliktlösung die
Internationalisierung Jerusalems und die Rückkehr oder Entschädigung
der palästinensischen Flüchtlinge gefordert wird.
24. April 1950:
Jordanien annektiert die von ihm eroberten Gebiete, das Westufer des
Jordan-Flusses, die eigentlich Teil des arabischen Palästinenser-Staates
sein sollten.
9. Juli 1950:
Ägypten sperrt den Suez-Kanal für Schiffe mit für Israel
kriegswichtigen Gütern.
26. Juli 1956:
Der ägyptische Staatspräsident Nasser verstaatlicht die
Suez-Kanal-Gesellschaft, deren Aktien zu etwa vierzig Prozent in
britischem Besitz waren.
29. Oktober 1956:
Im Suez-Krieg greift Israel mit britischer und französischer Unterstützung
Ägypten an und dringt bis zur Suez-Kanal-Zone vor. Israel räumt seine
letzten Stellungen erst im März 1957. UN-Truppen werden in der
Pufferzone stationiert.
Der Sechs-Tage-Krieg 1967
22. Mai 1967:
Ägypten sperrt die Straße von Tiran und damit den Golf von Akaba für
israelische Schiffe.
5. bis 10. Juni 1967:
Im Sechs-Tage-Krieg zerstört Israel mit einem Präventivschlag die
Luftwaffen Ägyptens, Jordaniens, Syriens und des Irak am Boden. Israel
erobert rasch die syrischen Golan-Höhen, Westjordanien und die Altstadt
von Jerusalem sowie die Halbinsel Sinai bis zum Suez-Kanal und den
Gaza-Streifen. Das israelische Territorium hat sich durch die eroberten
Gebiete verdreifacht. Mehr als eine Million Araber gelangen unter
israelische Militärherrschaft. Schon im September beginnt Israel mit
der Besiedlung der besetzten Gebiete.
1. September 1967:
Auf der vierten arabischen Gipfelkonferenz in Khartum beschließen die
Araber: "Keine Anerkennung Israels, keine Verhandlungen und kein
Friede mit Israel."
22. November 1967:
Der UN-Sicherheitsrat verabschiedet die Resolution 242. In ihr wird der
Rückzug israelischer Streitkräfte aus besetzten Gebieten verlangt.
1968 bis 1972:
Die 1964 gegründete PLO bekennt sich 1968 zur Gewalt als einzigem Weg,
um Palästina zu befreien. Israel wird das Ziel von palästinensischen
Terrorangriffen. Am 5. September 1972 überfällt ein Terrorkommando der
PLO die israelische Olympia-Mannschaft in München, 17 Menschen kommen
ums Leben.
Der Oktober-Krieg 1973
6. Oktober 1973:
Am israelischen Versöhnungsfest (Jom Kippur) greifen ägyptische und
syrische Truppen Israel an. Jordanien tritt am 13. Oktober und
Saudi-Arabien am 14. Oktober in den Krieg ein. Mit der Durchbrechung der
bislang als uneinnehmbar geltenden israelischen
Bar-Lev-Befestigungslinie zerstört die ägyptische Armee den Mythos von
der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee. Bis zum 15. Oktober erleidet
Israel schwere militärische Niederlagen.
17. Oktober 1973:
Die Opec-Länder beschließen, das Erdöl als politische Waffe
einzusetzen, um Israel zu einem Rückzug aus den besetzten Gebieten zu
zwingen.
22. Oktober 1973:
Die UN verabschiedet die Resolution 338. Sie verlangt neben der
sofortigen Feuereinstellung die Verwirklichung der Resolution 242 und
Verhandlungen zwischen den am Krieg beteiligten Parteien. In der Nacht
vom 25./26. Oktober tritt die Waffenruhe in Kraft. Der UN-Sicherheitsrat
beschließt die Entsendung einer Friedenstruppe auf die Sinai-Halbinsel.
November 1973:
Beginn der Nahost-Pendeldiplomatie des amerikanischen Außenministers
Kissinger. Bis zum Januar 1974 vermittelt er ein ägyptisch-israelisches
und ein syrisch-israelisches Truppenentflechtungsabkommen.
Oktober 1974:
Auf der siebten arabischen Gipfelkonferenz in Rabat wird der PLO das
Recht zugesprochen, als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen
Volkes die souveräne Herrschaft über die besetzten Gebiete zu
beanspruchen.
13. November 1974:
Rede des PLO-Führers Arafat vor der UN-Vollversammlung in New York. Die
UN erkennen das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung
und Unabhängigkeit an.
9. November 1977:
Der ägyptische Präsident Sadat sagt, er sei bereit, nach Jerusalem zu
reisen, um Frieden zu schließen. Der israelische Ministerpräsident
Begin lädt Sadat nach Jerusalem ein.
19. bis 21. November 1977:
Vor dem israelischen Parlament in Jerusalem bekräftigt Sadat seine
Bereitschaft, mit Israel Frieden zu schließen.
17. September 1978:
Im Abkommen von Camp David einigen sich Israel und Ägypten auf zwei
Texte: Das Abkommen über die Prinzipien einer allgemeinen
Nahost-Friedensregelung sieht den Rückzug der israelischen Armee auf
Sicherheitspositionen, Beendigung der Militärverwaltung im
Westjordanland und im Gaza-Streifen, palästinensische Selbstverwaltung
und die Regelung der Zukunft der Palästinenser nach einer Übergangszeit
von fünf Jahren vor. Das andere Abkommen betrifft den ägyptisch-israelischen
Friedensvertrag.
26. März 1979:
Unterzeichnung des ägyptisch-israelischen Friedensvertrages in
Washington. Die Arabische Liga beschließt daraufhin den Abbruch der
diplomatischen Beziehungen zu Ägypten.
13. Juni 1980:
In der "Erklärung von Venedig" spricht sich die Europäische
Gemeinschaft für die Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes der Palästinenser
und die Forderung aus, die PLO an Friedensverhandlungen zu beteiligen.
30. Juni 1980:
Das israelische Parlament annektiert durch Gesetz Ost-Jerusalem und erklärt
es zur "ewig ungeteilten Hauptstadt".
14. Dezember 1981:
Israel annektiert die 1967 eroberten syrischen Golan-Höhen und
unterstellt sie der Zivilverwaltung.
25. April 1982:
Der israelische Abzug vom Sinai ist abgeschlossen. Der Sinai untersteht
wieder ägyptischer Souveränität.
6. Juni 1982:
Israelische Truppen dringen nach dem 6. Juni 1982 bis nach Beirut vor
und beschießen zusammen mit christlichen Milizen Lager der PLO, die ihr
Hauptquartier nach Tunis verlegt. Erst im Juni 1985 schließt Israel
seinen Truppenrückzug aus dem Libanon ab, behält aber eine etwa zehn
Kilometer breite Sicherheitszone bei.
Die 1. Intifada
9. Dezember 1987:
Nachdem bei einem Verkehrsunfall vier Palästinenser von einem
israelischen Militärlastwagen getötet werden, breiten sich im
Westjordanland und im Gaza-Streifen Unruhen aus. Die israelische Armee
reagiert mit der Zerstörung von Häusern und setzt Schußwaffen ein.
15. November 1988:
Nachdem der jordanische König Hussein das von Israel besetzte
Westjordanland an die PLO "übergeben" hat, proklamiert der
Palästinensische Nationalrat den unabhängigen Staat Palästina mit der
Hauptstadt Jerusalem.
8. Oktober 1990:
Nach Steinwürfen von Arabern gegen betende Juden erschießen
israelische Sicherheitskräfte auf dem Tempelberg 17 Menschen. Die Palästinenser
verstärken ihre Anschläge in Israel.
12. Oktober 1990:
Der UN-Sicherheitsrat verurteilt das Massaker auf dem Tempelberg.
18. Januar 1991:
In Zusammenhang mit dem zweiten Golfkrieg greift der Irak Israel zum
ersten Mal mit einer Scud-Rakete an.
8. Februar 1991:
Der amerikanische Außenminister Baker fordert für die Zeit nach dem
Ende des Golfkrieges neue Sicherheitsstrukturen im Nahen Osten.
6. März 1991:
Der israelische Ministerpräsident Schamir erklärt sich zu
Verhandlungen mit den arabischen Nachbarstaaten bereit, ohne wie bisher
darauf zu beharren, dass die arabischen Staaten zuvor Israel anerkennen.
18. Oktober 1991:
Israel und die Sowjetunion nehmen ihre diplomatischen Beziehungen wieder
auf.
30. Oktober 1991:
In Madrid beginnt die Eröffnungskonferenz der Nahost-Friedenskonferenz.
Erstmals seit 43 Jahren treffen sich israelische und syrische
Regierungsvertreter. Zum ersten Mal gibt es auch offizielle Kontakte
Israels mit einer jordanisch-palästinensischen und einer libanesischen
Delegation.
28. Januar 1992:
Die erste multilaterale Gesprächsrunde der Konferenzteilnehmer in
Moskau steht im Zeichen von Themen wie Waffenkontrolle, Flüchtlingsproblematik
und Umweltfragen. Doch werden die Gespräche von den Palästinensern,
Syrern und Libanesen boykottiert.
27. April 1992:
In der fünften Runde der Gespräche bietet Israel Kommunalwahlen im
Westjordanland und im Gaza-Streifen an.
23. Juni 1992:
Nach den israelischen Parlamentswahlen kommt es zu einem
Regierungswechsel. Der neue israelische Ministerpräsident Rabin gibt
sich kompromissbereiter als sein Vorgänger Schamir.
August 1992:
Bei der sechsten Runde der Nahostgespräche in Washington deutet Israel
die Möglichkeit eines Teilabzuges von den Golanhöhen an.
17. Dezember 1992:
Als Reaktion auf die Deportation von 415 Anhängern der radikalen Hamas
durch die israelischen Behörden in den Süden des Libanon setzt die PLO
die Teilnahme bei der achten Runde der Nahostgespräche aus.
19. Januar 1993:
Aufhebung des israelischen Gesetzes über ein Kontaktverbot mit der PLO.
27. April 1993:
In Washington stellt Israel den Palästinensern Autonomie in den
besetzten Gebieten in Aussicht.
12. Juli 1993:
PLO-Führer Arafat bestätigt Geheimverhandlungen mit Israel in der
norwegischen Hauptstadt Oslo.
3. August 1993:
Israel erklärt seine Bereitschaft, für einen Frieden im Nahen Osten
"kalkulierte Risiken" einzugehen.
5. August 1993:
Der amerikanische Außenminister Christopher verkündet am Ende seiner
Nahostreise die Rettung des Friedensprozesses. Einige Tage später
brechen schwere Differenzen in der PLO über den weiteren Kurs bei den
Friedensverhandlungen auf.
13. August 1993:
Die Vereinigten Staaten und Rußland laden zur elften Runde der
Nahostkonferenz vom 30. August bis zum 13. September ein. Der
israelische Ministerpräsident spricht von der Möglichkeit, noch bis
zum Jahresende einen Friedensvertrag mit Syrien fen und das Gebiet um
Jericho an die Palästinenser zurückzugeben. Dort könne es "eine
Selbstverwaltung", nicht aber die Gründung eines neuen Staates
geben. Das Ziel lautet "Gaza und Jericho zuerst".
31. August 1993:
Die elfte Runde der Nahostgespräche in Washington ist wesentlich von
der Erwartung einer gegenseitigen Anerkennung Israels und der PLO geprägt.
Bei den Gesprächen wird die Teilautonomie für Gaza und Jericho
diskutiert. Israels arabische Nachbarstaaten fühlen sich vom Erfolg der
Gespräche überrannt.
3. September 1993:
Israel erklärt sich bereit, das Grundlagenabkommen mit der PLO auch
ohne vorherige Anerkennung zu unterzeichnen.
5. September 1993:
Nach Syrien erklärt nun auch der jordanische König Hussein seine
Unterstützung für die geplante Teilautonomie in Gaza und Jericho. Die
Vereinigten Staaten, die Europäische Gemeinschaft und die Golf-Scheichtümer
erklären sich bereit, einen finanziellen Beitrag für den Friedensprozeß
zu leisten. Neben den Nahostverhandlungen in Washington gibt es geheime
Gespräche zwischen Israel und der PLO in Oslo, Paris und Madrid.
8. September 1993:
189 von Israel deportierte Palästinenser dürfen nach fast neun Monaten
ihr Zeltlager bei Mardsch as Sohur im libanesischen Niemandsland
verlassen und nach Israel zurückkehren. Weitere 207 Palästinenser
sollen noch bis Weihnachten in dem Behelfslager ausharren. Zehntausende
rechtsgerichteter Juden demonstrieren in Israel gegen das geplante
Autonomieabkommen und liefern sich eine Straßenschlacht mit der
Polizei.
9. September 1993:
Israel und die PLO einigen sich über die gegenseitige Anerkennung. Die
PLO anerkennt das Recht des jüdischen Staates auf eine Existenz in
sicheren Grenzen.
10. September 1993:
Israel und die PLO erkennen sich nach einem Vierteljahrhundert der
Feindschaft gegenseitig offiziell an. Nachdem am 9. September PLO-Führer
Arafat in Tunis seine Unterschrift unter den Brief gesetzt hatte, in dem
Israel ein Recht auf Existenz zugebilligt wird, unterzeichnete der
israelische Ministerpräsident Rabin am 10. September ein ähnliches
Dokument, mit dem die PLO als alleinige Vertreterin des palästinensischen
Volkes anerkannt wird.
13. September 1993:
In Washington unterzeichnen Israel und die PLO das Autonomieabkommen für
Gaza und Jericho.
25. Fabruar 1994:
Ein israelischer Siedler tötet 29 muslimische Gläubige im Caveau de
Patriarches à Hebron.
Mai 1994:
Abkommen von Kairo: Israel verpflichtet sich, seine Truppen aus Jericho
und aus 60 Prozent des Gaza-Streifens zurückzuziehen. Weitere Räumungen
besetzter Gebiete und eine Regelung des Status von Jerusalem werden für
die nächsten fünf Jahre vereinbart.
Juli 1994:
Arafat lässt sich als Chef der neuen palästinensischen Autonomiebehörde
in Gaza nieder.
Oktober 1994:
Friedensvertrag zwischen Israel und Jordanien.
September 1995:
Arafat und Rabin unterzeichnen in Washington das Taba-Abkommen (Oslo
II), das mehr Selbstverwaltung der Palästinenser im Westjordanland
und in Gaza vorsieht.
4. November 1995:
Jitzhak Rabin wird von einem orthodoxen Juden ermordet.
Januar 1996:
Arafat wird Präsident des Palästinenserparlaments.
März 1996:
Syrisch-israelische Gespräche in Wye, Maryland.
Mai 1996:
Benjamin Netanjahu (Likud) wird neuer Premierminister Israels.
Januar 1997:
Israel übergibt Hebron zu 80 Prozent an die Verwaltung der Palästinenser.
Oktober 1998:
Arafat, Netanjahu und Clinton einigen sich in Wye nach dem Prinzip
"Land für Frieden" auf weiteren Rückzug Israels aus der
Westbank.
Januar 1999:
Israels Regierung zerbricht, Wye-Zeitplan wird storniert.
Mai 1999:
Ehud Barak (Arbeitspartei) wird neuer Premierminister Israels.
September 1999:
Barak und Arafat setzen in Charm el-Cheikh den 13. September 2000
als letzten Termin für einen Friedensvertrag fest.
Dezember 1999:
Ein Treffen Baraks mit Syriens Außenminister Faruk al-Schara in
Washington bleibt ohne Ergebnis.
März 2000:
Treffen in Genf zwischen US-Präsident Bill Clinton und dem syrischen Präsidenten
Hafis el-Assad bringt keinen Fortschritt.
9.7.2000
Ministerpräsident Barak verschiebt seine Abreise zum geplanten
Gipfeltreffen in Camp David mit Palästinenser Präsident Arafat und
US-Präsident Bill Clinton ab. Er muss sich morgen einem
Misstrauensantrag im Parlament stellen, dessen Ausgang unsicher ist. Die
Schas-Partei droht aus der Regierungskoalition auszusteigen, weil sie
befürchtet, Barak könne in Camp David zu grosse Zugeständnisse an die
Palästinenser machen.
12.7.2000
Arafat und Barak treffen sich in Camp David, um eine Friedenslösung für
den Nahen Osten zu finden. In dem historischen Wochenend-Domizil des
amerikanischen Präsidenten, wo 1978 Anwar el Sadat und Menachem Begin
den historischen Frieden zwischen Israel und Ägypten schlossen, begrüßte
Bill Clinton die beiden Politiker.
Eine Sprecher erklärte, dass während der Verhandlungen absolute
Nachrichtensperre herrsche. Die Erwartungshaltung beider Seiten
beschrieb sie als „extrem realistisch". Clinton betonte, dass es
nun kein zurück mehr gebe. Israel befürchtet erneute Unruhen in den
palästinensischen Gebieten, wenn es zu keiner Einigung in Camp David
kommt. Auch Barak ist innenpolitisch auf einen Erfolg angewiesen. Es
wurde bekannt, dass Israel anscheinend bereit ist, möglicherweise 90
Prozent des Westjordanlandes abzutreten.
Beide Seiten haben sich kein Zeitlimit gesetzt. Es bleibt zu hoffen,
dass die amerikanische Schlafdiplomatie Früchte trägt: Arafat schläft
in dem Bett, in dem seinerzeit Begin geschlafen hat. Entsprechend nächtigt
Barak in Sadats Bett. Anscheinend soll der gute Geist der jeweils
anderen Seite wirken.
20.7.2000
Arafat und Barak verhandeln trotz der Reise des amerikanischen Präsidenten
Clinton zum G 8-Treffen weiter in Camp David.
24.7.2000
Nach der Rückkehr von Präsident Bill Clinton vom G8-Gipfel, sollen die
Verhandlungen von Israelis und Palästinensern intensiviert werden. Es
werde jetzt rund um die Uhr verhandelt, heisst es aus
Delegationskreisen. Fortschritte sollen im Bereich der Grenzziehung
gemacht worden sein. Strittig ist nach wie vor der Status von Jerusalem.
Einen amerikanischen Kompromissvorschlag, wonach Teile Jerusalems unter
palästinensischer Verwaltung stehen sollen, lehnt Arafat entschieden
ab.
Papst Johannes Paul II. appellierte an beide Seiten, die geistliche
Dimension der Stadt Jerusalem mit ihren heiligen Stätten nicht zu
vernachlässigen.
26.7.2000
Bill Clinton informiert die Öffentlichkeit darüber, dass Israelis und
Palästinenser noch nicht bereit seien, einen endgültigen
Friedensvertrag abzuschließen. Die Delegationen verlassen Camp David
und kehren in ihre Heimat zurück, um dort weiterzuverhandeln.
28. September 2000:
Der Besuch des israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem
Tempelberg in Jerusalem führt zu blutigen Auseinandersetzungen. Bilanz:
mindestens 65 Tote, mehr als 1000 Verletzte. Gewalttätige
Auseinandersetzungen in der Stadt, im Westjordanland und Gaza markieren
den Anfang der neuen Intifada.
30.09.2000
Südlich von Gaza-Stadt wird ein zwölfjähriger Palästinenser von
israelischen Soldaten erschossen.
01.10.2000
Nach den Verhandlungen von Camp David wurde zwar weiter miteinander
gesprochen, doch die Verhandlungen kamen nicht von der Stelle. Seit dem
1. Oktober stehen Arafat und Barak unter Erfolgsdruck. Besonders im
Gaza-Streifen kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern
und israelischen Soldaten.
07.10.2000
Palästinenser verwüsten das Josephsgrab in Nablus.
07.10.2000
Ohne die Stimme der USA verurteilt der UN-Sicherheitsrat die Gewalt
gegen die Palästinenser.
12.10.2000
In Ramallah werden zwei israelische Soldaten gelyncht. Israelische
Hubschrauber nehmen daraufhin Ziele in Ramallah und Gaza unter Beschuss.
16-18. Oktober 2000:
Gipfel von Charm el-Cheikh. Das Abkommen sieht ein Ende der Gewalt vor,
die Bildung einer Untersuchungskommission und eine Aufhebung der
Abriegelung der Palästinensergebiete.
2.11.2000
Bei einem nächtlichen Treffen in Gaza einigen sich Schimon Peres und
Jassir Arafat auf ein Ende der Gewalt. Nur wenige Stunden später werden
bei einem Autobombenanschlag in Jerusalem zwei Menschen getötet und elf
verletzt.
3.11.2000
Beit Sahur im Westjordanland liegt unter israelischem Panzerbeschuss,
nachdem Palästinenser einen Stützpunkt angegriffen haben sollen.
9.11.2000
Arafat fordert bei Clinton 2000 Blauhelmsoldaten zum Schutz der palästinensischen
Bevölkerung
24.11.2000
Barak und Arafat vereinbaren, die gemeinsamen Verbindungsbüros wieder
zu öffnen.
28.11.2000
Barak erklärt vor der Knesset, er sei bereit, einen unabhängigen Staat
Palästina anzuerkennen.
24.12.2000
US-Präsident Clinton macht neue Vorschläge für einen Friedensplan.
Dieser räumt den
Palästinensern die Kontrolle über den Gaza-Streifen, einen Grossteil
des Westjordanlandes und die arabischen Teile Jerusalems ein. Im
Gegenzug sollen sie auf das Rückkehrrecht ihrer Flüchtlinge nach
Israel verzichten.
03.01.2001
Israelis und Palästinenser akzeptieren grundsätzlich den Friedensplan
von US-Präsident Bill Clinton.
12.01.2001
Erstmals seit Schaffung der Autonomiebehörde 1994 richtet die palästinensische
Polizei zwei Männer hin, die mit Israel kollaboriert haben sollen.
21.01.2001
Israelis und Palästinenser nehmen im ägyptischen Badeort Taba einen
erfolglosen Verhandlungsmarathon von zehn Tagen auf.
06.02.2001
Ariel Scharon gewinnt mit grosser Mehrheit die Wahlen in Israel und wird
neuer Ministerpräsident.
14.02.2001
Ein palästinensischer Busfahrer fährt südlich von Tel Aviv in eine
Menschengruppe an einer Bushaltestelle. Acht Menschen sterben. Der
Busfahrer ist ein Familienvater aus Gaza, der keiner extremistischen
Gruppe zugeordnet wird.
26.02.2001
Die Arbeiterpartei beschließt, sich an der großen Koalition mit dem
Likud unter Wahlsieger Ariel Scharon zu beteiligen. Friedensnobelpreisträger
Peres, der in der neuen Regierung Außenminister werden soll, spricht
sich für die Koalition mit dem Likud aus.
02.04.01
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak legte dem amerikanischen Präsidenten
George W. Bush einen von Ägypten und Jordanien entwickelten
Friedensplan vor. Diesem Plan zufolge soll Israel gemäß dem
Friedensabkommen von Oslo zunächst seine Truppen aus weiteren Teilen
der besetzten Palästinensergebiete abziehen. Beide Seiten sollen zudem
Maßnahmen zur Beruhigung der Lage ergreifen, wie sie im vergangenen
Oktober in Sharm el Scheich unter Vermittlung des früheren US-Präsidenten
Bill Clinton beschlossen worden waren. Anschließend könnten
Verhandlungen über
ein umfassendes Friedensabkommen auf der Grundlage der Ende Januar in
Taba getroffenen Vereinbarungen beginnen.
03.04.01
Der Minister ohne Geschäftsbereich, Dani Naveh, nannte den Plan Ägyptens
und Jordaniens "eine verkappte palästinensische Initiative".
Israel lehnt den Plan ab.
Militante Palästinenser beschießen die israelische Siedlung Atzmona im
Süden des Gaza-Streifens mit Granaten. Als Vergeltungsmaßnahme nehmen
Helikopter der israelischen Armee in der folgenden Nacht Ziele im
Gaza-Streifen unter Beschuss.
04.04.01
In Athen treffen sich Israels Außenminister Schimon Peres und der palästinensische
Minister für internationale Zusammenarbeit Nabil Schaath. Erstmals seit
mehreren Wochen wollen sich auch wieder Sicherheitsexperten Israels und
der Palästinenser treffen, um über ein Ende der Gewalt zu sprechen.
15.04.01
Israel zerstört eine syrische Radarstellung im Libanon als Vergeltung für
einen Angriff der Hisbollah-Miliz auf einen israelischen Panzer.
16.04.01
Israel beschliesst 4 Stunden lang 16 Ziele im Gaza-Streifen als
Vergeltung für den Mörserbeschuss einer israelischen Stadt im Süden
des Landes durch Palästinenser.
22.04.01
Bei einem Selbstmordanschlag eines palästinensischen Attentäters in
der israelischen Stadt Kfar Saba werden zwei Menschen getötet und etwa
50 verletzt
29.04.01
Der israelische Außenminister Schimon Peres und der ägyptischee Präsident
Husni Mubarak treffen sich in Kairo. Peres erklärt sich zu einem
Waffenstillstand mit den Palästinensern bereit.
5.05.01
Papst Johannes Papst II. ruft in Damaskus alle Parteien im
Nahostkonflikt zu einer Friedenslösung auf. “Es ist Zeit, zu den
Prinzipien der internationalen Legalität zurückzukehren.”
6.05.01
Israelische Panzer dringen erstmals auch im Westjordanland in einen
autonomen palästinensischen Ort ein. Ariel Scharon kündigt
gleichzeitig an, dass er den Ausbau jüdischer Siedlungen in den Palästinensergebieten
trotz internationaler Kritik forcieren werde.
7.05.01
Beim Beschuss durch israelische Panzer wird in der palästinensischen
Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen ein fünf Monate altes Baby
getötet. Zehn weitere Palästinenser wurden bei dem Angriff verletzt,
darunter auch die Mutter des getöteten kleinen Mädchens.
9.05.01
Israelische Kommandos dringen mit Panzern und Räumgeräten auf
autonomes Palästinensergebiet im Gazastreifen vor. Sie besetzen bei Bet
Chanun etwa 100 Meter des Landes, fällen Obstbäume und zerstören eine
Polizeistation. Zwei israelische Jungen werden im Westjordanland
ermordet.
10.05.01
Israel beschießt Ziele im Gaza-Streifen mit Raketen.
15.05.01
Bei den blutigsten Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und
Israelis seit Monaten werden am so genannten Nakba-Tag, dem “Tag der
Katastrophe”, im Gazastreifen und im Westjordanland mindestens fünf
Palästinenser getötet. Nahezu 150 Menschen werden zum Teil schwer
verletzt.
18.05.2001
Auf den Selbstmordanschlag eines Palästinensers, bei dem in Netanja
sieben Menschen sterben, reagiert Israel mit massiven Luftangriffen auf
die Städte Ramallah, Nablus, Tulkarem und Ziele im Gazastreifen. Dabei
werden erstmals auch Kampfflugzeuge eingesetzt. Mindestens zwölf Palästinenser
werden getötet und mehr als 100 verletzt. Es ist der bislang schlimmste
Tag der Gewalt in Nahost.
1.06.2001
Vor einer Diskothek an der Strandpromenade von Tel Aviv zündet ein
Selbstmordattentäter eine Bombe und reißt 16 Israelis mit in den Tod.
Etwa 90 Menschen, überwiegend Jugendliche, wurden verletzt. Es handelt
sich um den blutigsten Anschlag in Israel seit knapp vier Jahren.
13.06.01
Israel und die Palästinenser einigen sich auf den vom früheren
US-Senator George Mitchell aufgestellten Plan (Mitchell-Plan)
16.07.01
Ein palästinensischer Selbstmordattentäter reißt sich und zwei
israelische Soldaten vor einem Bahnhof in Binjamina in der Nähe von
Haifa in den Tod.
17.07.01
Israel übt Vergeltung für das Attentat von Binjamina. Ein Hubschrauber
schießt Raketen auf einen Anführer der Hamas in Bethlehem. Mit ihm
sterben drei weitere Menschen, mehrere wurden verletzt. Nach
israelischen Geheimdienstberichten plante er ein Attentat in Israel, das
so verhindert werden sollte. In der Nacht zieht sich das
israelische Militär an verschiedenen Orten im Westjordanland zusammen.
09.08.01
Ein palästinensischer Selbstmordattentäter sprengt sich zur
Mittagszeit in einer Jerusalemer Pizzeria in die Luft. Er tötet
mindestens 16 Menschen. Mehr als 100 wurden nach offiziellen Angaben
verletzt. In der Nacht bekannte sich die Hamas zu dem Attentat.
10.08.01
Als Vergeltung für das gestrige Attentat beschloss die israelische
Regierung, palästinensische Polizeistationen in Ramallah und im
Gaza-Streifen zu zerstören. Panzer und Helikopter beschossen Ziele in
den palästinensischen Gebieten. Das Orient-Haus, das Vertretungsbüro
das PLO in Jerusalem, wurde von israelischen Polizisten geschlossen.
23.08.01
Ein neuer Ausbruch der Gewalt hat am Mittwoch den Abschluss der
Nahost-Reise von
Bundesaußenminister Joschka Fischer überschattet. Mindestens sechs Palästinenser
wurden im Verlauf des Tages bei verschiedenen gewaltsamen Zwischenfällen
in den Palästinenser-Gebieten von israelischen Soldaten getötet.
Fischer sprach sich zum Abschluss seines Nahost-Besuchs für ein Ende
des jüdischen Siedlungsbaus in den palästinensischen Gebieten aus.
27.08.01
Die israelische Armee hat mit einem gezielten Raketenangriff in Ramallah
den Führer der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), Abu Ali
Mustafa, getötet. Ein Helikopter feuerte drei Raketen auf das Büro
Mustafas. Vier weitere Palästinenser wurden verletzt. Israel wirft der
PFLP vor, in den vergangenen Wochen zwei Autobomben in Jerusalem
abgestellt zu haben, die jedoch nicht explodierten.
28.08.01
Die israelische Armee ist zur Vergeltung von Angriffen militanter Palästinenser
auf die Siedlung Gilo erneut mit Panzern in palästinensisches
Autonomiegebiet vorgerückt. In Beit Jala besetzten Soldaten einige Häuser,
auch das Aida-Flüchtlingslager wurde besetzt und eine Ausgangssperre
verhängt. Im Flüchtlingslager Rafah im Gaza-Streifen zerstörte die
Armee mindestens 15 Häuser.
09.09.01
Sechs Menschen starben am Sonntag bei mehreren Gewalttaten in Israel. Am
Bahnhof der Stadt Naharija sprengte sich ein Selbstmordattentäter in
die Luft und riss drei Menschen mit in den Tod. Nur Stunden später
explodierten an einer Kreuzung in Beit Lid nahe der Küstenstadt Netanja
zwei Autos. Mindestens ein Mensch starb durch die Explosionen,
berichtete der Rundfunk, vermutlich der Attentäter. Ein leerer Bus
brannte aus. Am Vormittag hatten Palästinenser im Westjordanland einen
Kleinbus angegriffen und zwei Menschen erschossen. Als Antwort auf die
Terrorakte bombardierte die israelische Armee palästinensische
Einrichtungen in Ramallah und Gaza.
29.09.01
Der amerikanische Präsident Georg W. Bush spicht davon, dass er bei
seinen Plänen stets einen palästinensischen Staat vor Augen habe,
sofern die Rechte Israels gewahrt bleiben.
03.10.01
Zwei Hamas-Extremisten dringen in die israelische Siedlung Alai Sinai im
nördlichen Teil des Gaza-Streifens ein. Sie töten zwei Jugendliche und
verletzen mindestens 15 Siedler. Ein Spezialkommando erschießt die
beiden Attentäter. Als Reaktion auf diesen Übergriff erteilt
Ministerpräsident Scharon nach Rücksprache mit dem israelischen
Sicherheitskabinett dem Militär „freie Hand“. Er kündigte zudem
an, wieder zur Politik des „präventiven Selbstschutzes“ zurückzukehren. Kurz
darauf beziehen israelische Panzer Stellung im palästinensischen
Autonomiegebiet und bombardieren gemeinsam mit Helikoptern und
Schnellbooten Ziele in Gaza. Sechs Palästinenser sterben bei den
Angriffen. Israel schafft einen ein Kilometer breiten Sicherheitsring um
die Siedlung Alai Sinai.
17.10.01
Radikale Palästinenser ermorden den israelischen Tourismusminister
Rechawam Zeewi. Sie erschießen ihn im Jerusalemer Hyatt-Hotel. Ärzte
versuchen Zeewi im Krankenhaus zu retten, doch er stirbt wenige Stunden
nach dem Attentat.
19.10.01
Als Reaktion auf das Attentat rückt die israelische Armee in der Nacht
mit Panzern erneut in palästinensisches Automoniegebiet ein. In
Bethlehem besetzten die Soldaten drei Hotels und postierten Scharfschützen
auf Hausdächern. In Beit Jalla bezogen die Israelis Stellung auf
mehreren Hügeln. Es kommt zu zahlreichen Feuergefechten. Zuvor waren
bei der Explosion eines Autos drei Palästinenser getötet worden,
darunter auch der von Israel gesuchte Atef Abajat. Ihm wird ein
versuchtes Sprengst hielt Israel am Sonntag weiter sechs Orte im
Westjordanland fest im Griff. Im Zentrum der Gewalt stand die Stadt
Bethlehem, wo nach palästinensischen Angaben Granaten in der Nähe der
Geburtskirche niedergingen. Elf Palästinenser wurden am Wochenende getötet.
Ein 19-Jähriger wurde in der Nähe der Geburtskirche offenbar von einem
Querschläger aus einem Maschinengewehr getroffen.
01.12.01
Zwei palästinensische Selbstmordattentäter sprengen sich auf einer
belebten Einkaufsstraße in der Innenstadt Jerusalems gleichzeitig in
die Luft und reißen mindestens zehn junge Israelis mit sich in den Tod.
Etwa 180 Israelis werden dabei verletzt.
02.12.01
Israel erlebt ein Wochenende des Schreckens. Nach den Attentaten in
Jerusalem werden bei einem Bombenattentat auf einen Bus in Haifa
mindestens 15 Menschen getötet und etwa 40 zum Teil lebensgefährlich
verletzt. Israelische Bürger fordern nun von Ministerpräsident Scharon
ein deutliches Zeichen gegen den Terror. Seit Samstag sind die palästinensischen
Gebiete abgeriegelt.
04.12.01
Die israelische Armee antwortet auf die Serie von Selbstmordattentaten
vom Wochenende mit massiven Schlägen gegen die Einrichtungen der Palästinensischen
Autonomieverwaltung. Israel erklärt Arafat zum Führer einer
terroristischen Vereinigung. F16-Kampfflugzeuge, Helikopter und Panzer
beginnen darauf hin mit dem Beschuss von Zielen in Gaza und Ramallah.
25. 12.01
Fünf Mitglieder der radikalen palästinensischen Organisation Islamischer Dschihad und ein Mitglied der Fatah-Organisation sind am 25.
Dezember von israelischen Militärs festgenommen worden. Die Aktion wurde gedeckt von mehreren Panzern, die am Morgen die Ortschaft
Ortschaft Tammun nördlich von Nablus besetzten. Kurz nach der Aktion zogen die Panzer wieder ab. Nach Angaben der israelischen Armeen
hätten in dem Gebiet "Militäroperationen" stattgefunden.
Am frühen Morgen des 25. Dezember war ein israelischer Soldat bei seiner Patrouille im Jordantal an der Grenze zu Jordanien schwer verletzt
worden, als Unbekannte auf sein Auto feuerten. Zwei Stunden später wurden im gleichen Grenzabschnitt ein Israeli getötet und zwei weitere
verletzt. Ein Sprecher der jordanischen Regierung bestätigte den Vorfall. Nach israelischen Angaben kamen die Schüsse aus Jordanien, was
Jordanien jedoch zurückwies.
Bereits am 24. Dezember war ein israelischer Soldat im Westjordanland bei einem Anschlag verletzt worden. Zu dem Anschlag bekannten sich
die Al-Aksa-Brigaden, eine militante Splittergruppe der Fatah-Organisation des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat. Dies war der erste
schwere Zwischenfall nach mehreren Tagen.
Am 16. Dezember hatte der Palästinenserchef Jassir Arafat alle militanten Organisationen zur Mäßigung aufgerufen. Nachdem die
Palästinenserorganisation "Hamas" dieser Aufforderung nachkam und am 22. Dezember zu einem Waffenstillstand bereit erklärt hatte, will jetzt
offenbar auch der Islamische Dschihad seine Anschläge gegen Israel einstellen. Alle "militärischen Operationen gegen Israel" würden
eingestellt, einschließlich der Selbstmordattentate, erklärte ein hochrangiger Vertreter des Dschihad gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Der Islamische Dschihad wolle mit diesem Schritt die "palästinensische Einheit" wahren. Israel solle jeder "Vorwand" genommen werden, den
Druck auf die Autonomiebehörde zu erhöhen.
Jassir Arafat steht weiterhin in Ramallah unter Hausarrest, da ihm Israel vorwirft, nicht genug gegen die terroristischen Gruppen zu tun. Am 25.
Dezember hieß es in Israel, dass man den Arrest auch noch so lange aufrecht erhalten werde, bis Arafat die Mörder des israelischen
Tourismusministers ausliefere.
26. 12. 2001
300 israelische Soldaten sind am 26. Dezember in den Ort Assun südwestlich von Nablus (Westjordanland) eingerückt. Sie haben 18 Mitglieder
der Fatah-Organisation, darunter zwei Mitarbeiter des palästinensischen Geheimdienstes, verhaftet, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
Die israelische Armee gab keinen Kommentar dazu ab.
Laut einer Umfrage unterstützt die Mehrheit der Palästinenser inzwischen eine friedlichere Politik gegenüber Israel. 60 Prozent der Befragten
seien für eine Waffenruhe, 71 Prozent sogar für neue Verhandlungen, teilte das Zentrum für Politik und Meinungsforschung in Ramallah mit.
27. 12. 2001
Israel stellt seine Angriffe auf palästinensisches Autonomiegebiet nicht ein. Am 27. Dezember hat israelisches Militär in Hebron acht
Palästinenser festgenommen. Sie werden von Israel beschuldigt, der Hamas anzugehören und Anschläge vorbereitet zu haben. Israel forderte
Arafat auf, die Organisation Hamas zu zerschlagen und ihre Anführer festzunehmen. Die Palästinenser-Regierung protestierte gegen die
Übergriffe und forderte USA und die internationale Gemeinschaft auf, das israelische Vorgehen zu stoppen, "bevor es zu spät ist".
Zur gleichen Zeit verlautet aus palästinensischen Sicherheitskreisen, die palästinensische Polizei habe zwei Werkstätten der Hamas im
Gaza-Streifen geschlossen. In den Werkstätten seien Granaten hergestellt worden.
Die israelische Regierung bleibt weiterhin unbeeindruckt von der internationalen Kritik. Das Reiseverbot für Arafat wurde bis zum
griechisch-orthodoxen Weihnachtsfest am 6. Januar verlängert. Wegen des Verbots konnte Arafat bereits am 24. Dezember nicht an der
traditionellen Weihnachtsmesse in Bethlehem teilnehmen.
Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser ist zum neuen Parteichef der israelischen Arbeitspartei gewählt worden. Ben-Elieser gilt als
jemand, der die harte Linie von Ariel Scharon unterstützt. Die Entscheidung für Ben-Elieser, der den Gegenkandidaten, Parlamentspräsident
Awraham Burg, aus dem Feld schlug, kann als weiterer Rechtsruck der Partei verstanden werden.
28. 12. 2001
Der israelische Außenminister Schimon Peres will noch am Wochenende die Verhandlungen mit Vertretern der Palästinenserbehörde wieder
aufnehmen. Dies sagte ein Sprecher von Peres am Freitag, den 28. Dezember. "Wir haben Kontakte auf verschiedenen Ebenen, um eine
Waffenruhe und die Rückkehr zu Friedensverhandlungen zu erzielen." Peres dürfte aber kaum die
Rückendeckung von Ministerpräsident Scharon haben. Der hatte einen Tag zuvor die neuen Pläne von Peres zur Gründung eins Palästinenserstaates als "schädlich" und für ihn
"inakzeptabel" bezeichnet.
In der Nacht zum 28. Dezember hob die israelische Regierung auf Anordnung von Verteidigungsminister Ben-Elieser die Blockade der
autonomen palästinensischen Stadt Bethlehem auf. Damit solle christlichen Pilgern der Zugang zur Stadt während der orthodoxen
Weihnachtsfeiertage (6. und 7. Januar) ermöglicht werden. Dies gelte aber nicht für Palästinenserpräsident Arafat, der weiterhin am Betreten
von Bethlehem gehindert wird.
Im Gazastreifen ist ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter an der Verübung seiner Tat gehindert und erschossen worden, teilten die
israelischen Streitkräfte mit. Der Islamische Dschihad bekannte sich in einem Fax an die Nachrichtenagentur AP zu dem versuchten Anschlag.
29. 12. 2001
Nach einem offiziellen israelischen Bericht ist die palästinensische Gewalt seit dem Appell Arafats vom 16. Dezember deutlich
zurückgegangen. Nach Armeeangaben hat sich die Zahl der täglichen Überfälle von 18 auf 11 verringert. Verteidigungsminister Ben-Elieser lobte
die Anstrengungen der Palästinenser und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass, wenn es so weiter ginge, bald der Mitchell-Plan umgesetzt
werden könne. - Die israelische Armee machte aber keine Angaben über die Gewaltanwendung von israelischer Seite.
30. 12. 2001
Am Wochenende (29./30. Dezember) nahm die palästinensische Polizei drei Mitglieder der Organisation Islamischer Dschihad fest. Israel
kritisierte Arafat aber weiterhin wegen seines mangelnden Durchgreifens gegenüber gewalttätigen Islamisten. Aus dem Außenministerium hieß
es, die Autonomiebehörde beschränke sich darauf, "Abkommen mit den Terrororganisationen zu schließen, statt sie zu zerstören". Bisher habe
die palästinensische Polizei erst zehn der 33 Extremisten festgenommen, die auf der Liste der USA stünden.
Am 30. Dezember wurden drei bewaffnete Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen. Sie hätten versucht, zu einem israelischen
Militärposten vorzudringen.
31. 12. 2001/1. 1. 2002
Es kommt wieder Bewegung in die israelisch-palästinensischen Beziehungen. Zum
Jahreswechsel wurde bekannt, dass der US-Vermittler Anthony Zinni demnächst wieder in den Nahen Osten geschickt wird. Zinni hatte die Region am 16. Dezember wegen der Eskalation der Gewalt
verlassen. Er soll nun für die Festigung des Waffenstillstands sorgen und den Boden für die Wiederaufnahme von Verhandlungen bereiten. Die
Rückkehr Zinnis war vor allem von der Palästinenserführung gewünscht worden.
Der römisch-katholische Patriarch von Jerusalem, Michael Sabba, demonstrierte unter Begleitung mehrerer hundert ausländischer
Demonstranten am Checkpoint von Bethlehem gegen die Absperrung der Palästinensergebiete durch die israelische Armee.
Am 1. Januar erklärte die palästinensische Organisation "Brigaden der El-Aksa Märtyrer", sie werde sich der von Arafat angeordneten
Waffenruhe anschließen.
Einem Bericht der liberalen israelischen Zeitung "Haaretz" zufolge haben Ägypten und die Palästinenser einen neuen Friedensplan vorbereitet,
der zahlreiche Zwischenschritte vorsieht. So ist vorgesehen, dass die vor einem Dreivierteljahr gemachten Vorschläge der
Mitchell-Kommission umgesetzt werden und dann mit Friedensverhandlungen begonnen wird. Anschließend sollte Israel weitere Gebiete im Westjordanland räumen
und die Palästinenserbehörde sollte international aufgewertet werden, indem sie z.B. in internationalen Gremien den Status eines Vollmitglieds
erhält.
In der Nacht zum 1. Januar drang die israelische Armee nahe der Stadt Kabatija bei Dschenin erneut in autonomes palästinensisches Gebiet
ein. Sie nahm vier Palästinenser fest, die des Terrorismus verdächtigt werden. Weitere sechs Palästinenser wurden bei anderen Razzien
festgenommen.
2.- 5. 1. 2002
Während die palästinensischen Anschläge auf Zivilisten oder israelische militärische Einrichtungen stark nachgelassen haben, setzt Israel
seine gezielten Militäraktionen zur Verhaftung mutmaßlicher palästinensischer Terroristen fast täglich fort, wobei Truppenverbände immer
wieder in autonome Gebiete eindringen.
Große Hoffnungen setzen die Palästinenser auf den US-Gesandten Anthony Zinni, der am 3. Januar in Israel eingetroffen ist, um seine
Vermittlungstätigkeit wieder aufzunehmen. Begleitet war Zinnis Rückkehr in den Nahen Osten von der Kritik Washingtons an der Haltung
Scharons. Scharon besteht nach wie vor darauf, dass vor dem Beginn neuer Verhandlungen, eine siebentägige "vollständige Waffenruhe"
herrschen müsse. US-Außenamtssprecher Richard Boucher sagte, beide Seiten müssten für ein Ende der Gewalt arbeiten. Immerhin ordnete
Scharon den Teilrückzug israelischer Streitkräfte aus dem Wetsjordanland an. So wurden am 3. Januar Stellungen in Dschennin und Ramallah
geräumt und die Blockaden von Kalkilija, Tulkarem und Hebron aufgehoben. Allerdings handelt es sich nach Ansicht der Palästinenserbehörde
und internationaler Beobachter um eine lediglich symbolische Maßnahme, um gegenüber Zinni einen guten Eindruck zu machen. Israelische
Militärfahrzeuge haben sich z.B. in Ramallah nur wenige Meter zurückgezogen. Hier und andernorts kontrollieren israelische Soldaten weiterhin
Fahrzeuge und nehmen Palästinenser fest. Die Blockaden im Gazastreifen wurden überhaupt nicht gelockert.
Der US-Sondergesandte Zinni gab am 4. Januar nach getrennten Gesprächen mit Scharon und Arafat bekannt, dass beide Seiten ihre
Sicherheitsgespräche wieder aufnehmen würden. Ein erstes Gespräch soll bereits am 6. Januar stattfinden. Zinni tritt für die Umsetzung des
Tenet-Plans ein. US-Geheimdienstchef George Tenet hatt im Sommer 2001 einen detaillierten Plan zur Sicherung einer umfassenden
Waffenruhe vorgelegt. Der Plan sah vor, dass Israel in einer sechswöchige Phase seine Blockaden und Straßensperren aufgeben müsste und
im Gegenzug die palästinensische Autopnomiebehörde militante Extremisten verhaften müsste.
Ungeachtet der Gespräche drang israelisches Militär am 4. Januar in die Ortschaft Tel im palästinensisch verwalteten Westjordanland ein. Drei
Hamas-Mitglieder wurden verhaftet, ein Palästinenser bei einem Schusswechsel getötet, gab die israelische Armee bekannt. Arafats Beratzer
Nabils Abu Rudeineh verurteilte die Militäraktion als Versuch, die Vermittlungsaktion Zinnis "zum Scheitern zu bringen".
6. - 8. 1. 2002
Die Affäre um das am 3. Januar im Roten Meer von israelischen Sonderkommandos aufgebrachte Schiff mit rund 50 Tonnen Waffen im Wert
von mehrreren Millionen Dollar schlägt immer größere Wellen. Während Scharon die Palästinenserbehörde beschuldigt, das Schiff angeheuert
zu haben, bestreitet Arafat jede Verwicklung. Mehrere Minister des israelischen Kabinetts forderten am 8. Januar den Abbruch jeglicher
Beziehungen zu Arafat. Die Autonomiebehörde kündigte indessen an, die Hintergründe der Waffenlieferung aufklären zu wollen.
Israelische Panzer haben am 8. Januar nach palästinensischen Angaben mehrere Granaten auf das Flüchtlingslager Chan Junis im
Gazastreifen abgefeuert. Die Panzer seien rund um die jüdische Siedlung Neve Dekalim aufgezogen, so palästinensische Sicherheitskräfte.
Mehrere Gebäude seien beschädigt worden. Über mögliche Opfer gab es zunächst keine Angaben.
9. 1. 2002
Bei einem palästinensischen Attentat auf einen Armeestützpunkt im Süden Israels sind in den Morgenstunden des 9. Januar vier israelische
Soldaten und die beiden Attentäter ums Leben gekommen. Israel hat daraufhin angekündigt, innerhalb von 24 Stunden auf den Anschlag zu
reagieren. Aus Regierungskreisen in Jerusalem verlautete, in dieser Zeit sei ein Militärschlag in den Palästinensergebieten zu erwarten.
Ministerpräsident Ariel Scharon bezeichnete den Anschlag als "sehr ernst". Er mache "die Haltung der Autonomiebehörde" deutlich, sagte
Scharon im israelischen Fernsehen. US-Präsident George W. Bush hat den Anschlag palästinensischer Extremisten verurteilt. Das Attentat sei
besonders beunruhigend, weil er zu einem Zeitpunkt relativer Ruhe erfolgt sei, so der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer. Er
bezeichnete den Überfall als direkten Angriff auf die Autorität von Palästinenserchef Jassir Arafat. Fleischer forderte von Arafat ein
entschlossenes Vorgehen gegen die Hintermänner des Anschlags. Zudem müsse die militante Organisation Hamas zerschlagen werden.
10. - 13. 1. 2002
Als "Vergeltung" für den palästinensischen Angriff auf einen israelischen Militärstützpunkt vom 9. Januar zerstörten am 10. Januar israelische
Einheiten rund 70 Wohnhäuser im Gazastreifen. Nach Augenzeugenberichten drangen Soldaten mit Panzern und Planierraupen in die Stadt
Rafah ein, vertrieben mit Schüssen die Bewohner aus den Häusern und zerstörten die Häuser anschließend. Zu einer weiteren Strafaktion kam
es am 11. Januar: Militärbulldozer pflügten die Start- und Landebahn des - einzigen - palästinensischen Flughafens in Gaza um. Der Flughafen
war 1998 als Teil des Abkommens von Wye River eröffnet worden. Sein Bau war auch von der Bundesrepublik mit rund 5,1 Mio. EUR
unterstützt worden. Die Bundesregierung kündigte an, das israelische Vorgehen intern "mit der erforderlichen Deutlichkeit" zu erörtern. (Am 14.
Januar fand Entwicklungshilfeministerin Wiezcorek-Zeul deutliche Worte der Kritik: Israel solle wenigstens keine Objekte zerstören, die mit Hilfe
der EU bzw. der Bundesregierung aufgebaut worden seien.") - Eine weitere Vergeltungaktion der Israelis richtete sich gegen palästinensische
Schiffe. Bei einem Angriff auf den Hafen von Gaza-Stadt wurden zwei Schiffe und ein Gebäude zerstört. Der Einsatz sei eine Reaktion auf den
Waffenschmuggel per Schiff, den die israelische Regierung der palästinensischen Autonomiebehörde und ihrem Chef Arafat anlastet.
Unterdessen sind auch die USA davon überzeugt, dass der von Israel aufgedeckte Waffenschmuggel auf das Konto der Autonomiebehörde
geht.
14. - 17. 1. 2002
Die Gewalt im Nahen Osten reißt nicht ab. Am 14. Januar liquidierte die israelische Armee mit einem Bombenattentat den
Fatah-Kommandanten Raad Al-Karmi. Die "Vergeltung" folgte auf dem Fuße. Am 15. und 16. Januar starben ein israelischer Mann und eine
israelische Siedlerin bei palästinensischen Überfällen im Westjordanland.
Am 14. Januar hat die israelische Armee die Stadt Tulkarem abgesperrt. Außerdem werden die Städte Nablus und Ramallah im
Westjordanland seit sechs Wochen abgeriegelt. Israel hat in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar zusätzlich die Städte Kalkilia und Dschenin
im Westjordanland abgeriegelt. Damit wolle das israelische Sicherheitskabinett einer neuen Eskalation der Gewalt vorbeugen, berichtete der
öffentliche israelische Rundfunk am Donnerstag. Zuvor habe die israelische Regierung mehrere Anschlagsdrohungen erhalten. Der israelische
Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer sagte, Israel sei bereit, sich zu verteidigen. "Wir geben das Recht, unsere Häuser, unsere Kinder
und Familien zu verteidigen, nicht auf".
Unterdessen hatten Hamas und Islamischer Dschihad angekündigt, auf weitere Gewalt verzichten zu wollen. Der militärische Flügel der Hamas
dagegen hatte weitere Anschläge angekündigt. Die Fatah sei weiter der Arafat ausgerufenen Waffenruhe verpflichtet, hatte der Fatah-Führer für
das Westjordanland, Hussein el Scheich, gesagt. Auch ein Hamas-Vertreter in Gaza, Said Sijam, erneuerte das Bekenntnis zum Verzicht auf
Selbstmordattentate und Mörserangriffe.
Die israelische Armee hat am Morgen des 17. Januar ein Mitglied der radikalen
palästinensischen Al-Aksa-Brigaden erschossen. Soldaten hätten in der Nähe eines Flüchtlingslagers bei Nablus im Westjordanland das Feuer auf den Mann eröffnet, meldet die Nachrichtenagentur
Reuters unter Berufung auf Sicherheitskreise. Bei dem Mann soll es sich nach Angaben der Online-Ausgabe der israelischen Zeitung "Ha'aretz"
um den 42-jährigen Khamis Ahmed Ali Abdullah handeln. Er ist ein hochrangiges Mitglied der Al-Aksa-Brigaden.
In der nordisraelischen Stadt Hadera, nahe des Westjordanlands, sind am Abend des 17. Januar bei einem Sprengstoffanschlag eines
palästinensischen Selbstmordattentäters sechs Menschen getötet und weitere 30 verletzt worden. Der Attentäter hatte Handgranaten in eine
Familienfeier ("Bat Mitzwa" - so etwas wie eine jüdische Konfirmation - eines zwölfjährigen Mädchens) geworfen. Er wurde von Polizisten
getötet. Die Al-Aksa-Brigade bekannte sich zu dem Anschlag und erklärte, damit sei der Tod von Raad al Karmi gerächt worden.
18.-20. 1. 2002
Die israelische Armee reagierte auf den Anschlag vom 17. Januar mit massiven Angriffen auf Einrichtungen der palästinensischen
Autonomiebehörde. So wurde am 18. Januar die Vertretung der Verwaltung von Yassir Arafat in der Stadt Tulkarem durch Kampfflugzeuge
zerstört. Es gab einen Toten und 40 Verletzte unter den Palästinensern. Panzer und Fallschirmspringer drangen in die Stadt Ramallah ein und
umzingelten das Hauptquartier von Arafat. Bei Demonstrationen gegen die Besetzung der Stadt wurden mehrere Palästinenser verletzt. Im
Gazastreifen wurde ein Palästinenser getötet von einer israelischen Panzerbesatzung getötet, zwei wurden verletzt.
Am 19. Januar setzte Israel seine Vergeltungsaktionen fort. Die israelische Armee zerstörte das Bürogebäude des palästinensischen
Rundfunksenders "Voice of Palestine" im Westjordanland. Unter dem Schutz von Panzern und Planierraupen drangen die Soldaten in das
fünfstöckige Gebäude in Ramallah ein. Sie zündeten Sprengsätze und steckten so das Bürogebäude in Brand. Bereits im Dezember hatte die
Armee mit Sprengsätzen und Planierraupen einen Sendemast und das Sendegebäude des palästinensischen Rundfunks zerstört. Die
Palästinenser sendeten daraufhin über örtliche Frequenzen im Westjordanland und im Gaza-Streifen.
Die Fatah-Organistaion von Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat Israel aufgefordert, die militärische Eskalation zu beenden. In einer am 19.
Januar in Gaza veröffentlichten Erklärung heißt es, mit der Besetzung von Arafats Hauptquartier habe Israel die letzte Grenze überschritten.
Auch die Zerstörung des palästinensischen Funkhauses werde "Konsequenzen" haben, warnte die Fatah. Sie rief ihre Mitglieder und das ganze
palästinensische Volk dazu auf, mobil zu machen.
21.-23. 1. 2002
Am 21. Januar besetzte israelisches Militär die Palästinenserstadt Tulkarem und verhängte eine Ausgangssperre. Die Gegenwehr der
Palästinenser wurde unterdrückt: Ein Palästinenser kam bei einem Schusswechsel ums Leben, mehrere wurden verletzt. Der Einmarsch wurde
vom UN-Sonderbeauftragten für den Nahen Osten, Terje Roed Larsen als "gefährliche Eskalation" kritisiert. Kritik kam auch aus der israelischen
Arbeitspartei. Ex-US-Präsident Clinton appellierte an die israelische Regierung sich auf Kompromisse einzustellen.
Am 22. Januar führte Israel in Nablus eine "präventive Maßnahme" durch: Die Armee stürmte ein Haus, in dem sie Hamas-Mitglieder vermutete,
die auf israelischen Fahndungslisten stehen, und erschoss vier Palästinenser. Postwendend schoss ein Palästinenser auf einer belebten
Straße in Jerusalem in die Menge und verletzte rund 20 Passanten, bevor er selbst getötet wurde. Die Medien berichteten hier zu Lande,
Hamas habe einen "totalen Krieg" angekündigt. Die Originalnachricht aus Palästina lautete hingegen: "If they want open war, we will respond in
kind." Wie man aus einem "offenen Krieg" einen "totalen Krieg" machen kann, ist schleierhaft.
Die israelische Armee hat am 23. Januar Luftangriffe auf Stellungen der radikalen Hisbollah im Süden Libanons geflogen. Nach Angaben der
libanesischen Polizei beschossen Kampfflugzeuge innerhalb einer halben Stunde vier Mal ein Lager nahe der Stadt Kfarschuba. Darüber hinaus
griffen israelische Bodentruppen die Hisbollah in einem nahe gelegenen Tal an. Angaben über Tote oder Verletzte gab es zunächst nicht. Die
Hisbollah hatte zuvor erstmals seit Monaten israelische Stellungen angegriffen. Nach libanesischen Angaben schossen sie mit Mörsergranaten
und Kanonen auf drei Posten der israelischen Armee. Dabei soll aber niemand verletzt worden sein.
Die israelischen Zeitungen berichten von einer Atmosphäre, die "der am Vorabend eines Krieges" gleiche. Gerüchte verdichten sich, wonach
der Zeitpunkt gekommen sei, sich Arafats zu entledigen und die Palästinensergebiete wieder vollständig zu besetzen.
In der EU wird die Kritik am isrelischen Vorgehen immer lauter. Der amtierende EU-Ratspräsident, Spaniens Außenminister Josep Piqué,
plädierte dafür, dem Nahen Osten eine Friedenslösung von außen "aufzuzwingen".
24./25. 1. 2002
Am 24. Januar ist im Libanon der frühere libaniesische Minister Elie Hobeika durch eine Autobombe ermordet worden. Hobeika war früher Chef
der berüchtigten Christenmiliz "Forces libanaises" und sollte in Belgien als Zeuge in einem Verfahren aussagen, das dort gegen den
israelischen Ministerpräsidenten Scharon anhängig ist. Scharon ist angeklagt, mitverantwortlich für die Massaker in Sabra und Schatila von
1982 zu sein, bei denen zwischen 800 und 1.500 Palästinenser getötet wurden.
Am 24. Januar wurde ein Hamas-Aktivist Opfer eines gezielten israelischen Raketenangriffs; zwei weitere Palästinenser im Gazastreifen wurden
von israelischen Soldaten erschossen. Einen Tag darauf wurden 26 Israelis verletzt, als ein Palästinenser einen Selbstmordanschlag in einer
Einkaufszone in Tel Aviv verübte.
Als "Vergeltung" für den Anschlag haben israelische Kampfflugzeuge am 25. Januar Gaza und Tulkarem bombardiert. Dabei wurden
mindestens 13 Menschen verletzt.
52 Offiziere und Soldaten der israelischen Armee wollen sich künftig nicht mehr "an der Unterdrückung und Besatzung der Palästinenser"
beteiligen. In einer am 25. Januar veröffentlichten Erklärung heißt es, sie würden sich in Zukunft weigern, in den Autonomiegebieten zu
kämpfen. Die Reservisten fast aller Waffengattungen schreiben, "wir werden weiterhin in der Armee dienen, solange es sich um die Verteidigung
des Staates Israel handelt. Wir werden jedoch nicht jenseits der grünen Linie kämpfen, um ein ganzes Volk zu unterdrücken, zu vertreiben,
auszuhungern und zu erniedrigen." Nach ihren Angaben verweigern seit dem Beginn der zweiten Intifada im September 2000 etwa 200
israelische Soldaten den Armeedienst. Nur wenige von ihnen seien bisher bestraft worden.
Verschiedene Zeitungen meldeten, dass inzwischen US-Präsident Bush bereit sei Arafat fallen zu lassen. Bush habe Material nach
Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien geschickt, das belegen soll, dass Arafats Behörde in die Waffenschmuggel-Affäre um den Frachter
Karine-A" verstrickt sei. In Washington werde erwogen, die diplomatischen Beziehungen zur Autonomiebehörde abzubrechen.
26./27. 1. 2002
Am 26. Januar feuerte die israelische Armee vier Raketen auf die Stadt Beit Hanun im Gazastreifen. Im Süden der Region schossen Panzer auf
palästinensische Ziele. Laut einem Militärsprecher habe man auf "zwei verdächtige Personen gefeuert".
Bei Ramallah starb ein Palästinenser an einer Straßensperre. Soldaten hatten auf ihn geschossen und anschließend verhindert, dass Ärzte ihn
versorgen konnten. Der Mann hätte gerettet werden können. sagte ein palästinensischer Krankenhausvertreter.
In Jeruslaem und Tel Aviv demonstrierten rund 1.000 Menschen gegen die Politik ihres Ministerpräsidenten Ariel Scharon. Sie warfen ihm vor,
das Land mit seinem militärischen Kurs in eine "Katastrophe zu führen".
Bei einem neuen Selbstmordanschlag in der Innenstadt von Jerusalem ist am 27. Januar ein Israeli getötet worden. Bis zu 110 Menschen
wurden als verletzt gemeldet. Zwei von ihnen befänden sich in Lebensgefahr, berichtete der Sender CNN. Nach Angaben der Polizei war es eine
Frau, die sich mit der Ladung in die Luft sprengte. Es war zum ersten Mal, dass eine Frau ein Selbstmord-Attentat verübt.
Link
zu einer Chronik der israelisch-palästinensischen Verhandlungen
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