Otesile

Ich heiße Otesile und komme aus dem emaligen Bopuhuthatswana. Ich habe keine richtige Schulausbildung. Ich bin das Jüngste von sieben Geschwistern. Mein Vater hielt uns mit Gelegenheitsjobs über Wasser und hielt nicht viel von der Schule. Und ich mußte die Schafe und das Vieh von uns hüten. So kam ich erst mit 10 Jahren in die Schule und blieb dort auch nur 3 Jahre. Mit 25 Jahren fing ich an in verschiedenen Jobs Geld zu verdienen. Doch dann warb ich mich bei einem Goldbergwerk. Ich hatte Glück und bestand den Gesundheitstest und wurde angenommen. So wanderte ich zu einem Berkwerk am Witwasrand. Ich vergesse nie die ersten Tage im Berkwerk, wie mich der Aufzug unter Tage brachte und mich die unerträgliche Hitze unter der Erde traf. Pro Hundert Meter Tiefe steigt die Temperatur um ein Grad. Erst dachte ich "hier kommst du nicht mehr raus". Aber jetzt arbeite ich hier schon seit 15 Jahren und bin 42. Erfüllung bringt mir die Arbeit nicht, aber sie reicht zum Leben. Mein Arbeitstag beginnt um 6 Uhr. Um 5 Uhr muß ich aufstehen. Bis 14 Uhr arbeite ich im Bergwerk und um 15 Uhr dusche ich mich und nehme meine erste Mahlzeit ein. Ich habe schon Fraktionskämpfe, Unfälle und Streiks miterlebt. Ich lebe in einem Männerheim, was nicht mehr als ein Dach über dem Kopf ist. Am Ende des Arbeitsjahres fahre ich zu meiner Familie. Ich habe mich immer um das Vieh gekümmert, aber letztes Jahr ist es bei einer Hungersnot verdurstet. Das hat mich geschockt, denn das Vieh war meine Rücklage. Aber jetzt kann ich in die Gewerkschaft eintreten, denn nun bin ich kein Ausländer mehr in dem Land in dem ich seit 15 Jahren lebe.

Ole Klasse 8.5


© IGS Bonn-Beuel