Ein Brief aus Petropolis


Wir bitten um Entschuldigung, dass wir nicht vorher geschrieben haben, aber wir sind sehr beschäftigt mit der Schule. Dieses Jahr war sehr schwer, denn wir hatten keine Unterstützung von der Stadt, die wir normalerweise durch das Schulamt bekommen. Deswegen sind wir gezwungen, andere Wege im öffentlichen Bereich zu finden und mit unserem Vorhaben in der Schule vertraut zu machen und um die notwendigen Baumaterialien, die wir dringend brauchen, um Unterrichtsräume und zwei Bäder fertig zu stellen. Wir glauben, dass die Vorschulklasse, die heute noch in der Kantine unterrichtet wird, im nächsten Jahr einen eigenen Unterrichtsraum haben wird. Das ist für uns ein Erfolg und das mit eurer Hilfe. Es ist keine Neuigkeit, unser schwieriger Weg, in dem Berufsprojekt. Diese Stadtregierung zeigt nicht mal für Grundschulen in den Aussenbezirken Interesse seitens des Bürgermeisters oder seines Sekretariats. Gott sei Dank haben wir die Überzeugung von unseren pädagogischen Vorschlägen, und die Überzeugung, dass wir als Lehrer die Verantwortung haben in der Gesellschaft. Wir haben Ausdauer für unser Ziel, und sind überzeugt von unserem Recht. Wir erleben im allgemeinen eine schwierige Zeit in Brasilien. Die führende Schicht hat die Absicht alles zu privatisieren: dabei werden sie von der Regierung unterstützt. Wir kennen diese Gruppe als eine Bewegung, die zuerst in Mexiko, Chile, Argentinien, und jetzt in Brasilien Fuß gefasst hat. Sie wollen erreichen, dass der Staatsbesitz privatisiert wird, wie Stromerzeugung, Telekommunikation, Bergbauunternehmen, Straßen und andere öffentliche Einrichtungen. Für uns bedeutet dies Ausgrenzung. Die Konsequenzen werden sein, dass in der brasilianischen Gesellschaft Armut, Gewalt, Prostitution und Sucht größer werden. Wir versuchen, andere Lösungsmöglichkeiten und mit anderen Organisation zu finden, unter anderem mit der Stiftung Paulo Freire. Leider hat der Partizipationsrat von Petropolis es nicht geschafft, unser Projekt weiterzuleiten, um die Unterstützung von einem deutschen Unternehmen zu bekommen für die Finanzierung von Maschinen für die Tischlerei, wofür 35.000 $ vorgesehen waren. Wir hoffen, dass es im folgenden Jahr geschickt wird. Anbei senden wir einige Briefe, die unsere Schüler geschrieben haben, und einige Fotos, die unsere heutige Arbeit zeigen. Wir senden auch einen Zeitungsartikel von einer Ausstellung in der UNI in Petropolis im letzten Oktober. Diese Arbeit ist möglich geworden, weil die Lehrerinnen Angelika und Claudia dort Pädagogik studieren. Und für die Kinder wird es schwieriger in den Genuss von öffentlichem Unterricht zu kommen. Es ist traurig und unmenschlich dieses Sozialbild, aber wir sind dabei, die Bevölkerung über diese Tragödie zu informieren durch die Volksorganisation. Die berufliche Ausbildung findet am Abend statt: Schreibmaschinen- und Tischlerkurse. Der Bau der Technikschule ist fortgeschritten, aber es fehlen noch viele Sachen. Aber wir werden in kleinen Schritten das Ziel erreichen. Dieses Jahr wird die Lehrerin Angelika ihren Abschluss erreichen, und hat die Möglichkeit ihr Studium abzuschließen und somit der öffentlichen Erziehung besser zu helfen.

Petropolis, 1996

2,5 Lehrerstellen finanziert das Kollegium der Gesamtschule Bonn-Beuel in der brasilianischen Partnerschule. Das Jahresgehalt eines Lehrers in Contorno beträgt 2.160,- DM.


© IGS Bonn-Beuel